Warum Menschen Geld zahlen, um Nachrichten auf ukrainische Raketen zu schreiben (2024)

„Ein Osterei für Putin“

Warum Menschen Geld zahlen, um Nachrichten auf ukrainische Raketen zu schreiben

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Ein ukrainischer Soldat trägt eine Rakete (Symbolfoto).

Quelle: picture alliance / Sipa USA

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Seit mehr als zwei Jahren muss sich die Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg verteidigen. Einige Ukrainer haben einen ungewöhnlichen Weg gefunden, Geld für den Kampf zu sammeln: Sie verkaufen individuelle Botschaften auf Artilleriegeschossen, die auf russische Truppen gefeuert werden.

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Lucie Wittenberg

200 Dollar für eine M777 Haubitze mit einem Kaliber von 155 Millimeter. 700 Dollar für eine M982 Excalibur, ebenfalls mit Kaliber 155 Millimeter. 20.000 Dollar für ein ukrainisches Mig-29 Kampfflugzeug. Das sind nicht etwa die Preise, die Militärausrüstung auf dem freien Markt kostet, sondern die Preise für Nachrichten und Sticker auf den Artilleriegeschossen und Flugzeugen des ukrainischen Militärs.

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„Will jemand für eine Spende von 5000 Dollar eine ATACMS-Rakete signiert haben? Die Crew braucht ein Auto. DM oder Kommentar“, heißt es in einem Post auf X (ehemals Twitter). Geschrieben wurde er von der Seite SignMyRocket.com, die auf der gleichnamigen Website persönliche Nachrichten auf ukrainischer Militärausrüstung verkauft. Die Seite ist eine von mehreren selbsternannten Spendeninitiativen, die die ukrainische Verteidigung mitfinanzieren wollen. Hinter SignMyRocket.com steckt laut „New York Times“ Anton Sokolenko, ein Informatikstudent, der ehrenamtlich für die ukrainische Wohltätigkeitsorganisation „Unterstützungszentrum für die Armee, Veteranen und ihre Familien“ arbeitet. Die Organisation ist es auch, an die nach eigenen Angaben das Geld für die Botschaften geht. Begonnen habe alles mit dem Verkauf von Botschaften auf 82-mm-Mörsergranaten für 30 Dollar pro Stück, wie Sokolenko der „Washington Post“ sagte. Die meisten Bestellungen kämen aus den USA.

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2 Millionen Dollar für ukrainische Soldaten

2 Millionen Dollar an Spenden für die ukrainischen Soldaten sollen so am besten zusammenkommen. Der Weg bis dahin scheint nicht mehr allzu weit zu sein. Auf der Website steht die erreichte Spendenhöhe aktuell bei 1.829.692 Dollar. Über die Website können Userinnen und User die Artillerie selbst auswählen, eine Wunschnachricht eingeben und anschließend bezahlen. Jeder Text ist möglich, heißt es dort, auch Geburtstagswünsche, die Bitte um ein Rendezvous oder Grüße an Putin. Ausnahme: Keine Beleidigungen gegen Politikerinnen und Politiker (außer russische), keine schwer zu schreibenden Sprachen wie etwa Chinesisch oder Georgisch. Auf dem X-Account der Seite kommen dabei einige ungewöhnliche Botschaften zusammen: „Was denkt ihr über die Teilmobilmachung?“, „Sie müssen Euch wieder zusammenkleben“, „Ein Osterei für Putin“ oder ein Heiratsantrag auf dem Geschossrohr einer M777 Haubitze.

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Bevorstehender Luftkrieg: Am Himmel über der Ukraine dreht sich was

Die Ukraine bekommt immer mehr Unterstützung für einen offenbar bald bevorstehenden Luftkrieg gegen Russland. Schon im Juni dürften die ersten F16-Kampfjets aus Dänemark da sein, in Rumänien trainieren Piloten auf Maschinen aus den Niederlanden. Später könnten auch schwedische Jagdflieger helfen, russische Bomber aus dem ukrainischen Luftraum zu vertreiben.

2022 versah die Organisation um Sokolenko eine Boden-Luft-Rakete vom Typ Buk mit der Aufschrift „Nicht für den Einsatz bei malaysischen Airlines“. Prorussische Separatisten hatten 2014 eine malaysische Passagiermaschine mit dem gleichen Raketensystem abgeschossen und so alle 298 Menschen an Bord getötet. Ein Internationales Ermittlerteam gab im Februar 2023 bekannt, dass Russlands Präsident Wladimir Putin beim Abschuss eine Rolle gespielt hat.

Normalerweise erhalten die Käuferinnen und Käufer Fotos ihrer Wunschbotschaft. Gegen einen Aufpreis ist aber auch ein Video möglich. Geld, das die Ukraine dringend benötigt. Immer wieder muss der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj um weitere Militärhilfen für sein Land werben. Er mahnt regelmäßig mehr Tempo bei den Waffenlieferungen an. Am dringendsten braucht die Ukraine weitere Flugabwehrsysteme und Kampfjets. Das können die Spendeninitiativen nicht bieten, aber sie liefern nach eigenen Angaben andere Hilfsmittel: Mit dem Geld von „Sign My Rocket“ sind mit dem Geld für private Botschaften unter anderem 112 Autos, 125 Drohnen und 59 Starlink-Verbindungen finanziert worden.

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Artillerie mit mal mehr, mal weniger makabren Botschaften ist nicht neu. Die ehemalige republikanische Präsidentschaftskandidatin Nikki Haley schrieb kürzlich bei einem Besuch in Israel auf eine israelische Artilleriegranate „Macht sie fertig“ und erntete dafür viel Kritik. Militärische Geschütze wurden aber bereits im Ersten Weltkrieg von europäischen und amerikanischen Soldaten beschriftet. Auch auf russischer Seite hat man Artillerie als politische Leinwand bereits genutzt: So fand man nach einem russischen Angriff 2022 in Kramatorsk ein Raketenfragment, auf der „Für die Kinder“ geschrieben stand. Bei dem Angriff wurden 61 Menschen getötet. Slogans auf Raketen und anderen Kampfmitteln gegen Geld anzubieten ist aber eine neuere, vielleicht sogar rein ukrainische Erfindung.

Wie kommen die Nachrichten auf die Raketen?

Um die Botschaften auf die Artillerie zu bekommen, nutzen Spendenseiten wie „Sign My Rocket“ laut Recherchen der „Washington Post“ Kontakte zu ukrainischen Soldaten. Ein Soldat erklärte der Zeitung, dass er zuerst nicht habe glauben können, dass der Auftrag echt gewesen sei. Erst als seine Gruppe Gebrauchtwagen und Ersatzreifen von „Sign My Rocket“ erhielt, seien seine Zweifel verflogen. Die Verbindungen zu den Soldaten sind laut „Washington Post“ aber informeller Natur, die Spendenaktion ist nicht offiziell vom ukrainischen Militär genehmigt.

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Was die Menschen, die für die Artilleriebotschaften zahlen, antreibt, ist unklar. Auf X (ehemals Twitter) lassen sich aber Hinweise auf ihre Motive finden. So posten Nutzerinnen und Nutzer immer wieder Beiträge, in denen sie sich für die Fotos zu ihren Botschaften bedanken. Einer schreibt: „Mein explosives Geschenk an die Russen. Hoffentlich hat es sie hart getroffen. Sehr hart.“

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Name: Roderick King

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